Vers- und Bildteil 1
Toba Sojo und die alten Rollenbilder
Der Frosch, das weiß man lange schon
Saß einst in Japan auf dem Thron.
Dem nicht genug, er stellte gar
zu jener Zeit Gott Buddha dar.
Auf alten Dokumenten schildern
Chronisten dies auf Rollenbildern.*1
1. Als erster taucht im Dauerlauf
ein Frosch auf diesen Rollen auf.
Der hatte, das sei hier gesagt,
am Teiche oft zu laut gequakt.
Weil ihm nach Reue stand der Sinn
lief er flugs zum Tempel hin
um zu Buddha dem Propheten
ein paar Worte schnell zu beten.
2. Doch siehe da, welch übler Spott,
seinesgleichen saß als Gott
im Tempel auf dem Lotosthron
askesetrunken morgens schon.
Und was schließen wir daraus ?
Die Andachtstunde sie fiel aus!
3. Da spannt der Frosch den Wagen ein
und mit dem Affen im Verein
reist man im Hinayana
hinüber nach Nirwana
zum Fest der der wilden Tiere,
gezogen von dem Stiere.
Dort auf dem Fest, da geht's hoch her
wovon ich gleich berichte mehr.
Die Bildrolle, nun aufgerollt
zeigt uns wie sich das Froschvolk trollt.
4. Zwei Grüne, heiter, froh im Sinn,
legen einen Froschtanz hin.
5. Was sie können: Turnen, springen,
6. spielen, albern, lachen, singen,
machen uns die Frösche vor,
auf ihrem Fest in Nippons Moor.
Gezeichnet hat so lebensfroh
die Lurche uns Toba-sojo,
ein Mönch, der einst im Kloster lebte
und nebenbei zu zeichnen pflegte.
In hintergründiger Manier
hat er satirisch dargestellt,
mit scharfen Strichen auf Papier,
der Buddhisten-Frösche Welt.
7. Da kämpfen auf dem grünen Rasen
die Frösche gegen einen Hasen.
Bei diesem tierisch ernsten Krieg
erzwingt das Froschtrio den Sieg.
8. Auf den Folgebildern dann,
legt ein Frosch erneut sich an
mit Hasen und dem Fuchs sogar.
Der Frosch erneut erfolgreich war.
9. Er traf beim Schuss auf's Lotosblatt.
Selbst Meister Reinicke war platt.
Mitten im Schwarzen saß der Pfeil,
worauf dem Frosch wurd' Neid zuteil.
Was deutet Toba-sojo an ?
"Dass auch der Schwache stark sein kann?"
Historiker fanden darin
mancherlei an Doppelsinn.
"Sozialsatire" meinen sie,
gegen die Aristokratie,
deren Niedergang sie sehen.
Bisher ist das nicht geschehen.
Wir wollen unser'n Blick nun richten
auf die nächsten Bildgeschichten.
Auf dem büttenen Papier,
als nächste Folge ein Turnier.
10. Frosch und Hase seh'n wir dort
die den Eber treiben fort.
Mit dem Lasso eingefangen
ist es wohl darum gegangen
mutig schnell ans Werk zu schreiten
um den Keiler zuzureiten.
Dass das wilde Tier entsprungen
und der Ritt auf ihm misslungen
wird im nächsten Bild skizziert.
11. Der Frosch liegt flach und ist blamiert.
Der Eber hat ihn umgerannt
bevor er ihm ist durchgebrannt.
Die andern spotten, in der Tat
jenen der den Schaden hat.
Da ist der Grüne aufgewacht.
Springt auf! Wütend und aufgebracht
nimmt er sich die Spötter vor.
Den ersten beißt er in sein Ohr.
Der Hase denkt: "Ich muss verrecken"
und schreit als würd' am Spieß er stecken.
12. Doch da eilen schon herbei
Hasenkumpel deren zwei,
retten den Freund aus seiner Not,
gerad' noch recht, bevor er tot.
Was die Satire stellte dar
ist uns heute nicht recht klar,
zumal aus Europäer-Sicht
verstehen wir die Bilder nicht
die gemalt so einfallsreich
im frühen Japan-Kaiserreich.
Achthunderfünfzig Jahre bald
sind die Bildfolgen schon alt.
Wir sehen, dass mit Meisterhand,
der Mönch zu zeichnen einst verstand.
13. Der nächste Frosch, mit Bambusrohr *2
kommt sich wohl sehr wichtig vor.
Aufrecht schreitend, so ist er
14. hinter jener Geisha her,
die im nächsten Bild sich zeigt.
Ihr wäre er gern zugeneigt..
Dass die Dame ihn erhört
nachdem der Dicke sie betört
zeigt das Folgebild uns dann.
15. Er hat die Pantoffeln an.
Wir richten unser Augenmerk
nun auf das letzte Zeichenwerk.
Den Affen können wir vergessen.
Der arme Kerl hat nichts besessen
außer einer Zipfelmütze
und 'nem Zweig der zu nichts nütze.
16. Doch der Frosch am linken Rand
trägt zu seinem Froschgewand,
wie es damals war schon Brauch
einen Obi um den Bauch.
Wer genau hinschaut entdeckt,
was unter diesem Gürtel steckt.
Ein Knebel, der aus Holz gemacht
und zum Anhängen gedacht.
Daran im Sagemonostil
befestigt jenes Utensil
das jeder Froschmann bei sich hat,
ein großes grünes Lotosblatt.
Was dolchförmig im Obi steckt
erfüllt wie Netsuke den Zweck,
nur ist es weniger bekannt.
Es wird Sashi kurz genannt.
Netsuke-Erläuterung
Womit wir schon beim Thema sind:
Netsuke, das weiß jedes Kind
im fernen Japan einst entstand
mangels Taschen im Gewand.
Man trug mit sich Sagemono
am Stoffgürtel des Kimono.
Damit man diese nicht verliert
wurd' das Knebelholz kreiert.
Mit etwas Schnur und einem Dreh
saß sicher nun das Yatate.
Auch Inro und den Kinchaku
trug man bei sich nun immerzu.
Tabak und Pfeifenetui
hing auch am Obi, vis avis.
Das Netsuke, darauf kam's an
befestigte den ganzen Kram.
"Ne" übersetzt heißt Wurzelholz,*3
"am Faden hängen" tsuke, stolz
hängte bald sich jedermann
Netsuke an den Gürtel an.
Von Künstlerhand gekonnt geschnitzt.
Das Monogramm dazu geritzt
gab dem Kleinod seinen Wert,
der es heut' macht so begehrt.
Daraus folgert, klarer Fall,
dass man es sammelt überall.
Aus edlem Holz, geschnitten fein,
aus Horn, Perlmutt und Elfenbein.
Aus Schildpatt, Lack und Porzellan.
Netsuke hat es angetan
so manchen Sammler auf der Welt,
obgleich es kostet heut’ viel Geld.
Auch ich, das muss ich eingesteh'n,
als ich Netsukes hab' geseh'n,
geschnitzt so fein und filigran,
war davon sofort angetan.
Ich samm'le seitdem, doch Kopie.
Die echten gibt's bei Sotheby.
Am besten hat mir gleich von allen
der Gama Sennin einst gefallen.
Ono no Tofu nebenher
hat begeistert auch mich sehr.
Frosch und Kröte sowieso
made in Japan, Tokyo.
Aus diesem Umfeld lasst uns nun
'nen Blick auf das Netsuke tun.
Doch zuvor, das muss wohl sein,
geh' ich nochmals kurz d'rauf ein
wie das Nets'ke wird getragen
um vorzubeugen allen Fragen.
Dass auch der Laie es versteht
um was es beim Netsuke geht,
hab' ich es kurz aufskizziert
damit es auch begriffen wird.
17. Die Skizze zeigt am ob'ren Rand
das Nets'ke über einer Hand.
Hinter den Gürtel so gesteckt,
dass man sieht was es bezweckt.
Am Knebel, hier ein Frosch auf Blatt,
befestigt was man bei sich hat.
Das Inro, auch im Frosch Design,
mit Pillen gegen Zipperlein,
hängt an den Kordeln, dort getragen,
wo wir die Hosentaschen haben.
Die Ojime- Kugel, das wird klar
bündelt schlicht das Kordelpaar.
18. Die zweite Skizze wohlbedacht
hab' zur Erläuterung ich gemacht,
denn ich will es nicht versäumen
letzte Zweifel auszuräumen.
Sie zeigt ein Netsuke mit Band
das Obidome wird genannt.
Auf den Kordeln oder Litzen
zwei Frösche als ein Ojime sitzen.
Als Miniatur geschnitzt figürlich
winzig, beinahe schon zierlich,
bündeln beide Bauch an Bauch,
zweckgemäß die Kordeln auch.
Darunter hängt die Pillendose,
in unserem Fall 'ne ziemlich große.
Der Frosch darauf ist euch vertraut;
von Toba-Sojo her; geklaut.
Die Dose wird, was längst bekannt,
als Anhängsel Inro genannt.
Das Wort das rechts davon geschrieben
in Lettern groß, fast übertrieben,
ich hoffe dass es mir gelinge,
heißt übersetzt schlicht „Hängedinge“.
Gemeint kann hier so manches sein...
und manches fällt mir dazu ein.
Das Yatate', was Schreibzeug heißt
dem Europäer hier beweist,
dass selbst in Japan jedermann
lesen und auch schreiben kann.
Mit dem Sagemono Kinchaku
ist man ebenfalls per Du,
vorausgesetzt, dass Kröten drin
die ihm geben erst den Sinn.
Das Kitzerazutsu noch zu nennen
das wir als Pfeifenbeutel kennen;
und das Tonkotsu, jener Sack
für Tabak.
All die Dinge, die genannt
machte ich euch nur bekannt,
weil, das lässt sich nicht verdrängen,
sie alle fest am Nets’ke hängen.
Um auch dies noch klarzustellen;
ein Wurzelholz in manchen Fällen
trug Sagemono's zwei, gar drei.
Dem Nets'ke war das einerlei.
Wir wollen all das schnell vergessen.
Was schert's uns was die Leut' besessen.
Für uns bleibt eines interessant,
nur das Ding das letztgenannt.
19. Dieses Ding, vergrößert hier,
genannt Netsuke, sammeln wir.
Das Obidome in Rechteckform
weist auf 'ne Froschabbildung vorn'.
Ono no Tofu, eine japanische Legende.
Der Frosch stellt Ono no Tofu dar,
der ein bekannter Künstler war.
Zwei Kaisern durfte er einst dienen.
Als Hofbeamter half er ihnen
das Reich zu führen, zu verwalten
und lebenswert es zu gestalten.
Korrekt war er und jederzeit
zu Überstunden auch bereit.
Anerkennung gab es nie.
So blieb er in der Hierarchie,
nach den Jahren all den langen,
unten wo er angefangen.
Er hat malocht bis in die Nacht
im Schweiße seines Angesichts;
manch langen Tag am Hof verbracht
doch aus Beförderung wurde nichts.
Er schuftete das Kreuz sich krumm
bis eines tat’s es ihm zu dumm,
er verärgert und verdrossen,
zur Kündigung war fest entschlossen.
Nicht einen Tag mehr wollt' er bleiben.
In der Hand das Kündigungsschreiben,
machte er sich auf den Weg..;
Als am Teiche er vom Steg,
vor sich im Wasser ziemlich nah, einen Frosch auftauchen sah.
Dieser mühte sich im Sprung
einen Weidenzweig zu fischen.
Doch mangels Kraft und mangels Schwung
konnt' er diesen nicht erwischen.
Der Frosch war zäh, er gab nicht auf.
Immer näher im Verlauf
der Sprungversuche kam sein Ziel.
Beim siebten Hupf fehlte nicht viel.
Beim achten Sprung hatte der Frosch
den Zweig tatsächlich in der Gosch'.
Dran ließ er sich ins Wasser sinken
um auf den Erfolg zu trinken.
20. Ono no Tofu, wissentlich
nahm diesen Frosch zum Vorbild sich,
denn er zog daraus den Schluss.
"Geduld ist's die man haben muss".
Vergessen, so erzählt die Sage
war die leid'ge Kündigungsfrage.
No Tofu hat es weit gebracht
nachdem er's wie der Frosch gemacht.
Mit Geduld und Spucke nun,
und ohne sich lang' auszuruh'n,
bracht' er's am Hof zu Ehr' und Rang.
Sein Name hat selbst heut noch Klang.
Er wurd' berühmt als Kalligraph
der alle andern übertraf.
In Japan heute illustriert,
er so manches Schulbuch ziert,
aufzuzeigen jedermann,
wie man's zu ‘was bringen kann.
Auch in der Kunst da ist er wer.
Stets dargestellt als feiner Herr
mit dem Schirm in seiner Hand,
manchmal gar im Froschgewand.
Weil wir nicht mehr davon lassen
uns mit Nets'kes zu befassen
und weil das Lurch/Kappa- Motiv
wir behandeln exklusiv,
muss ich euch auch noch berichten
über Kröten zwei Geschichten.
Die erste Story ist uralt;
100-tausend Jahre bald.
Zur Urzeit, das ist heut' bekannt,
war der Frosch die rechte Hand
des Schöpfers. In Chinas Mythenwelt
war er dem zur Seit’ gestellt.
21 Er trug die Erde auf dem Rücken
mit der Kugel sich zu schmücken.
Er hat den Erdball routiniert
durch das Weltall balanciert.
Manchmal, auf der Jagd nach Mucken,
durchlief den Frosch ein Muskelzucken.
Dann rollte auf des Quakis Ast
die schwere kugelige Last
und löste aus, was folgenreich,
ein Erdbeben im China-Reich.
Die Leute die davon betroffen
beten seitdem und sie hoffen,
dass nicht der Frosch den Untergang
der Welt riskiert zwecks Mückenfang.
Auch die zweite, die wir lesen
entstammt dem Reiche der Chinesen.
Liu Hai, eine chinesische Legende
Liu Hai vor tausend Jahr'
im Kaiserreich Minister war.
Auch berichtet uns die Sage:
"Er war zu zaubern in der Lage!"
22. Sein Reittier eine Kröte war.
So stellten ihn die Künstler dar.
Der Kröte fehlte gar ein Bein,
doch sollte das nicht wichtig sein.
Sie folgte Liu auf Schritt und Tritt.
Meist jedoch er auf ihr ritt.
Wenn Hai in Eile ist gewesen,
so steht weiter noch zu lesen,
bracht’ ihn das Tier in Windesschnelle
an jede X-belieb'ge Stelle.
Niemals hörte Liu sie klagen
wenn er wurd' von ihr getragen
in Blitzeseile hopp, hopp, hopp,
durch die Lande im Galopp
Doch eines Tages, wohl aus Frust
hatte die Kröte keine Lust.
Versteckte sich im Brunnen tief
und hörte nicht als er sie rief.
Aber Hai der wusste Rat,
kannt' einen Trick der sehr probat.
etwas dem die Kreatur
aufgeschlossen war und hold.
Ein paar Münzen, reines Gold.*4
Die ließ er in den Brunnen runter.
Die Kröte wurde sogleich munter.
Aller Vorsatz war vergessen;
sie schnappte gierig und besessen
sich das Gold weil’s glänzte pur...
Und schon hing sie an der Schnur.
So hat Liu Hai per Strick gefangen
die Kröte aus dem Brunnenschacht,
und für Gold auf sein Verlangen
zum Reittier sie erneut gemacht.
In China ist die alte Mähr
auch heute noch sehr populär.
Durch Kunst und auch durch Literatur
hab' ich verfolgt der beiden Spur.
So kann ich euch an hand von Bildern
die Geschichte nochmals schildern.
23. Das erste Bild zeigt uns Liu Hai
wie er, mit der Kröt’ anbei,
präpariert sich abzuheben
um mit ihr davonzuschweben.
24. Das zweite Bild, hier in Profil,
zeigt Ross und Reiter. Auch der Stil,
genau zu seh'n ist von der Seiten.
Ohne Zaumzeug muss't er reiten.
25. Von vorn' betrachtet Ross und Reiter
wirken kürzer, dafür breiter.
Dennoch seh'n wir am Geblüt.
Das Tier entstammt einem Gestüt,
welches schon vor langen Zeiten
ausstarb auch in Chinas Breiten.
Als nächstes zeigt Liu Hai uns dann,
wie man Kröten fangen kann.
Das bisschen Gold in seiner Hand
raubt der Kröte den Verstand.
Vergessend, dass sie durchgebrannt
26. taucht sie auf am Brunnenrand.
Verdrängend, dass sie ihm entwichen
kommt sie wieder angeschlichen.
Mittels Goldschnur angelockt
ergeben sie jetzt vor ihm hockt.
27. Ein andres Bild stellt uns jetzt dar,
wie anhänglich die Kröte war.
Sie lässt die Goldschnur nicht mehr los,
sie hängt nun 'mal so an dem Moos.
28. Im Detail und aus der Näh,'
zeigt Hai sich uns nun im Portrait
damit man ihn bewundern kann
samt seiner Krott, aus Porzellan.
30. Selbst in der einst'gen DDR
kannte man Hai, der war schon wer.
Und seine Kröte mit drei Beinen
mocht' man auch, das will ich meinen.
Ich hab' die beiden dort gesehen
"drüben" im Museum stehen.
Chinesischer Ursprung:
Kunstgeschichtlicher Rückblick
In China, so schreibt Li Ze Hou,
"war man mit dem Frosch per Du".
Aus seinem Buch hab' ich erfahren,
dass vor siebentausend Jahren
dort im Reiche der Chinesen,
der Frosch sehr populär gewesen.*5
Der Pekingmensch, das ist enorm,
kannte schon des Grünen Form.
Die Künstler in der Banpo-Zeit
nutzten die Gelegenheit,
30. malten des Frosches Konterfei
auf alte Scherben. Einwandfrei,
für Forscher, wenn sie nicht grad pennen,
der Batrachos ist zu erkennen.
Die Kröte wurde später Mode,
31. zur Miaodigou-Periode.
32. Zur Majiayao-Zeit die beiden
mochten sich noch immer leiden.
33. Zur Banshan-Zeit nahm man alsdann
kurzfristig acht Beine an.
34. In der Machang-Lurch-Periode
wurd' das Krötenmuster Mode.
35. In Ton gebrannt, die Krötenspur
auch in der Oijia-Kultur.
Zur Han-Zeit wurd' sie kurzentschlossen
36. Von Hou I zum Mond geschossen.*6
Fortan ist sie den Chinesen
Mahnung dafür stets gewesen,
dass eine Frau so enden kann
die beklaut den Ehemann.
Die Skizzen, ich sag's unumwunden,
hab' ich in Zen Hou's Buch gefunden.
Sie sollen auf dem "Weg des Schönen"
uns so langsam eingewöhnen.
Uns überzeugen, dass en gros
in China damals Frosch und Co
als Schmuck entstand und wurd' getragen.
Der Frosch war in in jenen Tagen.
Vielleicht aus religiösen Gründen
trug man Frosch, damit zu künden,
dass man nur ihm auf ewig grün
weil er als Tier-Gott war so kühn.
Wie dem auch sei; ob's stimmt ob nicht;
das zu ergründen wär' die Pflicht
der Wissenschaft. Ihr überlassen
wir's sich damit zu befassen.
Dieses Weib, ganz unverhohlen
hatte Hou dereinst bestohlen.
Was sie ihm stahl, das wissen wir.
Das Unsterblichkeits-Elixier.
Der Trunk, bevor er ihn genommen
ist so abhanden ihm gekommen.
Gemeint ist hier die Frau Cha’ng Ngo
die auf dem Monde irgendwo,
weil ihren Mann sie überlistet,
zur Straf’ als Krott ihr Dasein fristet.
Die Skizzen, ich sag’s unumwunden,
hab’ ich in Zen Hous Buch gefunden.
Sie sollen auf dem „Weg des Schönen“*7
uns so langsam eingewöhnen.
Uns überzeugen, dass en gros
in China damals Frosch und Co
als Schmuck entstand und wurd’ getragen.
Der Quaks war in in jenen Tagen.
Vielleicht aus religiösen Gründen
trug man Frosch, damit zu künden,
dass man nur ihm auf ewig grün,
weil er als Tiergott war so kühn.
Wie dem auch sei, ob’ stimmt; ob nicht;
das zu ergründen wär’ die Pflicht
der Wissenschaft. Ihr überlassen
wir’s sich damit zu befassen
Heute, so der Forscher Kunde,
mehren sich Frosch-Plastik-Funde.
Was Künstler einst geschaffen haben
wird heute wieder ausgegraben.
Manch selt'nes Fröschlein, welch ein Glück
findet so an's Licht zurück
und macht den Archäologen klar
was dereinst so in Mode war.
Ein paar Jahrtausende hindurch
verehrte man den Quake-Lurch.
Auf Pötten, Kultgerät und Vasen
damals die hübschen Kerlchen saßen.
Noch heute zeugen sie davon,
auf manchem alten Stück aus Ton,
dass Frösche einst als heilig galten.
Zwei Hetschen die den Henkel halten
sitzen sich dort vis a vis
37. an einem Pott Chang-Dynastie.
Bevor nach Japan überschwenken
wir, lasst uns noch kurz gedenken
jenen die den Frosch erfunden.
Wie Chronisten uns bekunden
waren dies, so steht zu lesen,
im Reich der Mitte die Chinesen.
38. Ein Teller aus gebranntem Ton
mit einem Lurchen-Unikum
kündet als Beweis davon,
dass im Neolithikum
Frosch und Kröte als Dekor
brachte China's Kunst hervor.
Wir hörten, dass dort lange schon
die Frösche hatten Tradition.
Vor circa drei mal tausend Jahren,
so habe ich gerad' erfahren,
dienten in der Chou-Dynastie
Lurche der Aristokratie.
"Kröte war für reiche Knaben
eine von den besten Gaben",
hätte Busch dazu gesagt,
hätt' man ihn dazu befragt.
Sie spielten 'ne bedeutungsvolle,
39. wie wir seh'n, tragende Rolle.
Frösche gab's in China satt.
Das nächste Dutzend, wir sind platt,
diente, so hab' ich erfahren,
soldatisch vor dreitausend Jahren.
Tausend vor Christus klang ihr Song
parallel zum Kesselgong
auf welchem sie mit grünen Nasen,
Trommel rührend, artig saßen.
Manch Fröschlein ohne Weh und Klage
kam um nach einem Paukenschlage.
40. Doch jene die hier abgelichtet
überlebten...Dies berichtet
Franz Heger uns in seinem Buch.
Jetzt sind sie bei uns, zu Besuch.
Wie die Frösch' die militären
zum Einsatz kamen das erklären
uns die restlichen Rabauken
unter'm Stichwort "Kesselpauken".
Wie dort gesagt, die Frösche schlau
waren siegreich durch Radau.
Zur Trommel haben sie gequarrt
im Wasser, so den Feind genarrt.
3000 Jahre ist das her,
dass sie verjagt des Feindes Heer.
Ja, ja, der Frosch hat Tradition
im China-Reich recht lange schon.
500 Jahre später dann,
41. saßen sie auf der Badewann'.
Hüpften von dort, sich zu verstecken,
hinein ins güld'ne Wasserbecken.
Dreihundert vor Christus tauchten sie
als Bronzeguss und mit Esprit
wieder im Geschichtsverlauf
als Taoisten-Symbol auf.
42. Der "Berg der Unsterblichen" zeigt
den Weg der zu beschreiten bleibt,
auf dem, das will Laotze lehren,
letztendlich wir einst wiederkehren.
Wenn wir den Berg uns nun betrachten,
mit Phantasie aufs Detail achten,
zeigt uns der alte Bronzeguss,
dass ein Frosch ihn tragen muss.
Und aus des Bechers Bronzehülle
quellen Kröten ihre Fülle
nach oben stolz zum Gipfel hin.
Ist Auferstehung hier der Sinn
der tief im Tao liegt versteckt?
Was hat der Künstler nur bezweckt
der die Plastik einst geschaffen
die interessiert wir heut' begaffen?
Man müsst' die beiden Frösche fragen
die den Berg-Aufstieg dort wagen.
Wir seh'n sie auf dem schmalen Steg.
Aufwärts windet sich ihr Weg.
Langsam fassen sie nur Tritt.
Mühsam jeder Einzelschritt.
So streben sie zum Gipfelpunkt.
Ob Konfuzius sie verunkt,
das Tao Phantasie gewesen,
steht bei jenem nicht zu lesen.
Die Kröten die im Kelch vereint,
das hat Laotze wohl gemeint,
hüpften später dann zum Teich
schnurstracks nach Peking zwecks der Laich'.
Als Urwesen der Welt entstanden
Quappen die sich alsbald fanden.
Die, dem Frosch-Dasein entschlafen
43. dienten bald als Seismographen.
Zhang Heng, ein Tüftler smart und fleißig,
erfand um hundertzweiunddreißig
nach Christus schon das Instrument,
das heute Seismograph man nennt.*8
Die Kröte, die sonst gilt als faul,
mit ihrem großen breiten Maul,
saß in diesem Apparat
zum Kugel auffangen parat.
Wenn irgendwo die Erde bebte,
was damals man recht oft erlebte,
spuckte der Meldeautomat
eine Kugel akkurat
der Fänger-Kröte in den Schlund.
Diese gab dem Kaiser kund
wo das Epizentrum lag.
Ein Technik-Wunder, keine Frag'.
Später im Geschichts-Verlauf
tauchten sie noch öfter auf.
In China zu der Han-Periode
war der Frosch ganz groß in Mode.
Mit der Göttin Xi-wang-mu
hatte er manch Rendezvous.
44. Auf der Insel der Unsterblichkeit*9
traf man sich von Zeit zu Zeit.
Bei der Königin des Westens
ging es dem grünen Frosche bestens.
Don-wang-Gong, der Frosch aus Osten,
kam bei ihr auf seine Kosten.
Den Pfirsich der Unsterblichkeit
schenkte ihm die West-Gottheit.
Was sich sonst noch zugetragen,
lässt sich genauer nicht mehr sagen.
Die Fotos, die wir heut' bekommen
von der Göttin, sind verschwommen.
Hingegen ist vom Liebesnest
erhalten uns bis heut’ ein Rest.
Als Räuchergefäß dargestellt,
zeigt es uns die Han-Zeit-Welt.
Die Schildkröt' trug das Inselland.
Die Frösche winkten mit der Hand.
Dass damals man dem Frosch war hold
45. beweist ein Frosch aus purem Gold.
Er stammt etwa aus jener Zeit
als bei uns die Christenheit
im Jahre Null den Anfang nahm.
'Ne Grab-Beigabe, wundersam,
aus purem reinem Gold gegossen.
Zur Auferstehung fest entschlossen,
fand man ihn vor ein paar Jahren.
Ob, was dem Frosche widerfahren,
im Grab dem Nachbarn widerfuhr
ist nicht belegt durch Literatur.
Da hat man wohl nicht aufgepasst
als man sich mit dem Frosch befasst,
oder die Archäologen
haben uns betrogen.
Oft noch, in Chinas Frühgeschichte,
finden sich dort Frosch-Berichte.
Ich füge an euch hier ein paar
zu beweisen klipp und klar,
was für uns so interessant,
dass der Frosch aus China stammt.
Von dort aus ist er irgendwann
nach Japan ausgewandert dann.
Im Land' der Mitte finden wir
noch manchen Hinweis auf das Tier.
46. Ein Grabfund aus der Mawangdai
zeigt auf 'ner Seidenmalerei
den Mondfrosch uns, der seine Kröte
auf dem Halbmonde erhöhte.
Er stemmt die Krott; die ziemlich groß
in die Höhe mühelos;
und der Mondhas' der Filou,
schaut interessiert den beiden zu.
47. Als Zierart diente Frosches Hülle
einst der Bronze-Spaten-Tülle.
Haargenau und kunstgetreu
stellt uns Ives Bonnefoy
in seinem Band "Mythologies"
'ne Gottheit vor, die in Paris
im National-Museum steht.
Weil es ihr dort besser geht
als mit der Kröte auf dem Mond
wo man vor kurzem noch gewohnt,
haben beide es erwogen
und sind nach Paris gezogen.
48. Die Bronze ähnelt Liu Hai.
Der Kenner jedoch einwandfrei
stellt prüfend fest, er schaut genau.
Die Mond-Gottheit ist eine Frau.
Ganz plötzlich fällt ihm dazu ein:
Das muss die alte Chang Chu sein,
welche How I kurzentschlossen
einstmals auf den Mond geschossen.
Dort wurd' sie schwanger. Die Person
hat mit dem Mondkröter n'en Sohn.
Weil für die Quappe es sehr bald
wurde auf dem Mond zu kalt,
ist man an die Seine gekommen
und hat dort Quartier genommen.
Hier leben glücklich nun die drei,
legiert aus Kupfer, Zinn und Blei.
Dass sie recht gut schwimmen kann,
darauf sich die Kröt’ besann.
49. Sie stach in See mit Liu Hai.
Auf einer Vasen-Malerei
man sie heut' bewundern kann
mitten drin im Ozean.
Was sie erlebten maritim
ist nur dem Nautikus sublim.
50. Als die zwei dann irgendwann
kamen am andern Ufer an,
dacht' jedermann von Liu Hai,
dass er vom andern Ufer sei.
Schnell versteckte sich der Junge.
51. Die Kröte zeigt indes die Zunge.
Sie ist mehr den Damen hold
das Riech-Fläschchen , aus purem Gold.
52. Der nächste Kröter, tongebrannt,
sei deshalb nur noch hier genannt,
weil er quakte es mir prompt,
dass auch er aus China kommt.
In alten Büchern steht zu lesen
gar manches über die Chinesen,
und die Bilder die anbei,
beweisen es, ganz einwandfrei.
Sie machen selbst dem Dümmsten klar,
dass der Chines' ein Frosch-Fan war.
So hab' auch ich lesend erfahren,
dass in vorchristlichen Jahren
Frosch und Kröte als Dekor
brachte China's Kunst hervor.
53. Ein Traufziegel aus Fengxiang
bestätigt dies. Jahrtausende lang
sitzt dort ein Krott. Der Zeit-Statist
zeigt uns wie man mit Stäbchen isst.
Was er auf dem Teller hatte
steht heute nicht mehr zur Debatte.
Ich denk' es waren Fliegen.
Man sieht noch zwei dort liegen.
54. Zwei Maltöpfchen füg' ich noch an
aus echtem China-Porzellan.
Die beiden bilden brav ein Paar.
Wie es bei Künstlern üblich war,
tauchte der froschwohlgesinnte
hier die Feder in die Tinte.
Rechts in schwarz und links in rot.
Der Maler ist schon lange tot.
Sein Handwerkszeug, die Frösch' jedoch,
wurden älter, leben noch.
Von Hongkong bis zur Mandschurei
hat man die Kröte stets dabei
denn diese, wenn man abgebrannt,
ist für Nachschub der Garant.
Bereits die Kinder wussten dies:
Mücken, Kohle oder Kies
sind auch in China stets vonnöten.
Deshalb schätzt man dort die Kröten.
55. "Ne Krott, die Kupfermünzen speist",
sagt man, "Taiwan-Dollar scheißt".
So hat's in Peking mir gesagt
der Bänker den ich dort gefragt,
und weiter sprach der Mann zu mir:
"Für Reichtum steht bei uns das Tier".
"Na ja, mit solch 'nem Attribut
lebt sich's selbst in China gut",
denke ich mit frohem Sinn
und schau zu den Kindern hin
die, weil sie nach Reichtum streben,
der Krott die Kupfermünzen geben.
Sicher wollt ihr von mir wissen
was die Kröte drauf ge...
rissen ist die Münzenschnur.
Dann verlor ich ihre Spur.
56. Eine Zeichnung von Wang Wei
füg' ich an noch. Im Detail
hat der die Dreibein-Krott versiert,
wie sie aussah, uns skizziert.
Um 16 hundert siebzig 'rum
malte er das Unikum.
Sie scheint im Eilschritt zu marschieren;
doch weil ein Bein fehlt von den vieren
stolperte sie oft im Grase
und fiel kopfüber auf die Nase.
Dass in China einstmals gar
57. die Kröt' ein Kinderspielzeug war
beweist ein Bild uns von Dong Ho.
Um 17-hundert war das so.
Das hübsche Tier, so hat's den Schein,
war mangels Plastik-Lego-Stein
den China-Kids von früh bis spät
das allerliebste Spielgerät.
Heut' ist das anders, wie ihr wisst:
Dank Kopie der Kommunist
in China, und zwar gut sortiert,
Blech und Plastik produziert.
Ja, es kommt sogar noch schlimmer.
Manch Frosch bei uns im Kinderzimmer,
obwohl in Hongkong hergestellt,
sich zu Steiff und Co gesellt.
In Plüsch gefällt er, kommt sich vor,
als hätt' er selbst den Knopf im Ohr.
Doch hinterem Ohr da steht zu lesen:
"Made in Hongkong, von Chinesen".
So schließt sich hier erneut der Kreis!
Wie jedermann im Westen weiß
führt China's Frosch-Verdrängungs-Markt
bei uns zum Euro-Quaks-Infarkt.
Doch gegen China konkurrieren
in Sachen Frosch, hieße verlieren.
Schließlich ist man lurcherfahren
dort seit vielen tausend Jahren.
Man lacht uns aus im Abendland:
„Als man den Frosch bei uns erfand
war er im Reich der Mitte bald
rund siebentausend Jahre alt“.
So hat man Recht in Peking wohl.
Auf den Frosch das Monopol,
weil die ersten sie gewesen,
haben heute die Chinesen.
58. Die Kröte auf dem Ziegelstein
tanzt fröhlich auf nur einem Bein.
Der Ziegel stammt aus einem Grabe
und war vermutlich eine Gabe
an den Toten, damit der
dacht' stets an eine Wiederkehr.
Frau Kröte seh'n wir fröhlich winken
mit einem Grashalm in der Linken.
Dieser Halm stellt offenbar
Wachstum und neues Leben dar.
Ob der Tote sich besonnen,
seinem Grab-Dasein entronnen,
ob Wurzeln schlug der Grashalm-Keim
eines Tages insgeheim
drängte hervor, erneut ans Licht,
das verschweigt uns der Bericht..
Ob die Krott, die mysteriöse
gut war oder ob sie böse
niemand heute sagen kann.
Damals glaubte man daran,
dass jeder der der Kröte frommt,
neugeboren wiederkommt.
Wie gesagt, so war es Mode,
damals in der Han-Periode.
Neunhundert Jahre später dann,
treffen wir sie wieder an.
59. Auf einem alten Bronze-Spiegel
bereitet der Has' in einem Tiegel
der Mondkröt' jenes Elixier
welches Unsterblichkeit gab ihr.
Ein anderer Spiegel, im Detail,
60. zeigt wieder Kröten, diesmal drei.
Zwölfhundert Jahre sind sie alt;
fast europäisch von Gestalt
wirken sie, bis auf die eine,
die hat statt vieren nur drei Beine.
Und was macht uns solches klar?
Dass sie 'ne Chinesin war!
61. Zwei Kröten die am Himmel schweben,
dort durch das Universum streben
und wie man auch im Bilde sieht:
Die Gottheit Kiän als Satellit
gibt im Kosmos sich die Ehr
und schwebt als Perle nebenher.
62. Ein Kunstwerk, heut’ noch viel bewundert,
wurd' gemalt um siebenhundert
von einem Künstler namens Wu
Tao-tse. Hier im Passepartout
Buddhas Eingang ins Nirvana.
Mit dabei Tiger und Rana.
Frosch an Frosch aus der Geschichte
ließ reihen sich in dem Berichte.
63. Ein Froschbildnis von Chien Hsüan
füge ich als nächstes an.
Als Akt gemalt, ganz Nackedei,
zeigt uns der Frosch sein Konterfei.
Er selbst, vor siebenhundert Jahren,
war sich darüber nicht im Klaren,
dass er zur Jahrtausendwende
in Germany zwecks Frosch-Legende,
erneut beginnt den Lebenslauf.
Der Frosch taucht immer wieder auf.
In China 16 tes Jahrhundert
als Kunstobjekt von uns bewundert,
zeigt er sich heut' noch im Profil
64. im China-Porzellan-Mal-Stil.
Ein weiteres Jahrhundert später
erscheint ein Krott, ein aufgeblähter
und bietet sich der Kröte feil
65. als Plastik, Ching-Zeit, ganz Email.*10
Zur selben Zeit hat Robert Schmidt
66. zwei Knaben bei dem Krötenritt
67. beobachtet, die analog
dem Knaben vorn' im Katalog,*11
in China im Geschichts-Verlauf
immer wieder tauchen auf.
Westwärts stand zur gleichen Zeit
68. Harpokrates startbereit.
69. Und auch Bes, im Altertum
ritt auf einem Frosch herum.
Die beiden nur Erwähnung fanden
weil sie in Verbindung standen
sicherlich doch irgendwie
mit der China- Szenerie.
Dass der Frosch dort gläubig war
legte uns Karl Sälzle dar.
In seinem Werk "Tier, Gottheit, Dämon"
hüpft der Frosch zum Buddha-Thron
und bringt dem Gott ein Opfer dar.
70. Was schleppt er denn da zum Altar?
Sälzle meint 'ne Erdbeer-Frucht:
Ich hingegen bin versucht
zu glauben, dass zum Opferfest,
der Frosch anschleppt ein Wespennest.
Was will uns dieses Bildnis sagen?
Will er den Göttlichen verjagen?
Was ist des Frosches Strategie?
Gotteslästerung, Häresie?
Lassen wir die Frage offen,
für Buddha uns das Beste hoffen.
Vielleicht ist es, dem Gott zur Ehre,
wie Sälzle meint, ja doch 'ne Beere.
Wenn dem so ist, der Frosch vor'm Thron
erfährt bestimmt Absolution.
Doch zurück in Chinas Breiten
bevor nach Japan überleiten
wir zum Thema Nets'ke bald.
Abschließend die Ungestalt
71. der Dreibeinkröte J-inchan,
wie man ihr dort begegnen kann.
Nicht gerade sehr apart
malt man sie zur Gegenwart.
Die Vorlage zu dieser Skizze
hatte Miklos im Besitze,
der sie, weil man ihn bezahlte,
in eines seiner Bücher malte.
Ein andres Bild noch auf die Schnelle
In Hejzlars "China-Aquarelle"
fand ich es. Es zeigt die zwei
Brüder Ho-Ho aus Shanghai.
Was sie mit dem Frosche treiben
möcht' ich lieber nicht beschreiben...
Oder soll ich's doch erzählen
wie sie brutal den Grünen quälen?
Man ahnt es nur, kann es nicht sehen
was mit dem armen Tier geschehen.
Das Cape gibt uns den Blick nicht frei.
Es war bestimmt 'ne Flegelei
was die zwei, die schelmisch lachten,
mit dem netten Fröschlein machten.
'Nen Hinweis gibt der Weidenzweig
der lose dort vom Blätterkleid
im Bild zu Boden gleitet, offenbar
weil er gelockert worden war.
Den Rest, denk' ich mit Ironie,
erzählt euch eure Phantasie.
Doch hoff' ich, dass zu End' gedacht
kein Denkfehler von euch gemacht,
denn solches würde Hsü Pei Hung
nicht grad' als Bestätigung
für seine Zeichenkunst betrachten.
Ihr solltet also darauf achten,
dass ihr nicht sagt im Übermut
was ihr denkt; das man dort tut.
Da ich das Bild als Letztes fand
füg' ich es ein in diesen Band
als Nachtrag, 72 a.
Sucht die Brüder Ho-Ho da.
Ich seh' es als Bereicherung
das Bild vom Künstler Hsü Pei Hung
und weiß ihr seht sie ebenso
die legendären Brüder Ho.
Noch etwas, das interessant!
Vor manchem China-Restaurant
in Peking an der Straßenecke
hängt ein Frosch zum Werbezwecke.
Er wirbt dort für ein Esstabu.
"Schützt den Frosch, lasst mich in Ruh'.
Esst Reis, Gemüse, Butterbrot,
doch niemals mich. Ich bin bedroht
da es heut' in Peking kaum
gibt für mich noch Lebensraum".
Das hat dem Frosch man raffiniert
auf seinen Rücken tätowiert.
Als Aufruf steht dort klar zu lesen:
"Schützt mich und alle Lebewesen"!
Die meisten Leut' in China dort
beachten dieses weise Wort.
Doch Schüsse die durch Peking knallen
beweisen, dass dort längst nicht allen
gefällt für was der Frosch da wirbt.
So manches Lebewesen stirbt
wohl deshalb grad, weil es im Wesen
niemals noch ein Frosch gewesen.
Der Frosch anbei faximile
als Zeichnung 72 b.
Kröte und Frosch nun als Essay
in Zeichnung 72 c.
Die erst're nennt sich "ha-ma" da.
Der Frosch hingegen schimpft sich "wa".
Bei Eberhard fand ich die beiden
abgedruckt, der mocht' sie leiden.
Von ihm stammen auch die "wu-tu".
Die geb' ich gratis euch dazu.
Die Kröte gilt als Gifttier hier!
Das hätt' ich nicht gedacht von ihr.
Als 72 d anbei
mit der Geldschnur Liu Hai.
Wir sehen wie er diese schwingt,
und mit der Krott darüberspringt.
Den beiden geht es wohl zu gut.
Doch Reichtum kann zu Übermut
oder Hochmut schnell verleiten.
So war es auch in jenen Zeiten
als das Froschmärchen entstand
welches ich bei Wilhelm fand.
Es fiel mir bei der Fröschesuche
auf in seinem Märchenbuche,
das Märchen welches die Chinesen
am Yangtsekiang noch heute lesen.
"Die Froschprinzessin" nennt es sich.
Ein Märchen wahrlich königlich.
Die Froschprinzessin
Am mittleren Yangtsekiang wird der Froschkönig sehr eifrig verehrt. Er hat einen Tempel; dort gibt es Frösche zu Tausenden und aber Tausenden, zum Teil von riesiger Größe. Wer sich den Zorn des Gottes zuzieht, in dessen Hause treten seltsame Erscheinungen auf: Frösche hüpfen auf Tischen und Betten umher; in schlimmen Fällen kriechen sie selbst an den glatten Wänden empor, ohne dass sie herunterfallen. Verschiedene Arten von Vorzeichen gibt es; aber alle deuten darauf hin, dass dem Hause Unglück droht. Dann geraten die Bewohner in große Furcht, schlachten ein Rind und bringen es als Opfer dar. So wird der Gott umgestimmt, und es geschieht nichts Weiteres.
In jener Gegend lebte ein Knabe namens Siä Kung-Schong. Er war klug und schön. Als er etwa sechs, sieben Jahre alt war, kam eine grüngekleidete Dienerin in die Wohnung. Sie nannte sich selbst eine Botin des Froschkönigs und teilte mit, dass der Froschkönig seine Tochter dem jungen Siä vermählen wolle. Der alte Siä war ein ehrlicher und beschränkter Mann, und da ihm die Sache nicht passte, schlug er es ab, weil sein Sohn noch zu jung sei. Trotz dieser Ablehnung wagte man aber doch nicht, nach einer anderen Lebensgefährtin für den Sohn zu sehen.
Einige Jahre waren darüber hingegangen, und der Junge wuchs allmählich heran. Man verabredete eine Heirat mit einem Fräulein Giang.
Der Froschkönig aber teilte ihr mit: "Der junge Siä ist mein Schwiegersohn; wie kannst du dich unterstehen, von verbotenen Früchten zu naschen!" Da fürchtete sich der Vater Giang und nahm sein Wort zurück.
Der alte Siä ward sehr betrübt darüber. Er bereitete ein Opfer und ging in den Tempel zu beten. Er brachte vor, dass er sich unwürdig fühle, mit einem Gott in Verwandtschaft zu treten. Da er aber ausgebetet hatte, zeigten sich in dem Opferfleisch und Wein große Maden, die wimmelnd umherkrochen. Er goss sie aus, bat um Verzeihung und kehrte voll schlimmer Ahnungen heim. Er wusste sich nun nicht mehr zu helfen und ließ den Dingen ihren Lauf.
Eines Tages ging der junge Siä auf der Straße. Da trat ein Bote auf ihn zu, der ihm den Auftrag des Froschkönigs überbrachte, dass er dringend gebeten sei, zu ihm zu kommen. Es blieb ihm nichts übrig; er musste dem Boten folgen. Der führte ihn durch ein rotes Tor in prächtige, hohe Gemächer. Im Saale saß ein Greis, der wohl achtzig Jahre alt sein mochte. Siä warf sich huldigend vor ihm nieder. Der Greis hieß ihn aufstehen und wies ihm einen Platz am Tische an.
Bald kamen Mägde und Weiber hereingedrängt, ihn anzuschauen. Da wandte sich der Greis zu ihnen und sprach: "Geht ins Gemach und saget, dass der Bräutigam gekommen!"
Eilends liefen ein paar Mägde weg. Nach einiger Zeit kam eine Alte aus dem inneren Gemach, die führte an der Hand ein Mädchen, wohl sechzehn Jahre alt und unvergleichlich schön. Auf diese wies der Greis und sprach: "Dies ist mein zehntes Töchterchen. Ich dachte mir, ihr beide passet wohl zusammen. Aber dein Vater hat wegen der Verschiedenheit der Rasse uns verschmäht. Doch ist die eigene Hochzeit eine Sache, die für das ganze Leben wichtig ist. Zur Hälfte nur vermögen sie die Eltern zu bestimmen. Schließlich kommt das meiste auf dich selber an."
Siä hielt seine Blicke auf das Mädchen fest geheftet und gewann sie lieb in seinem Herzen. Schweigend saß er da. Die Alte sprach: "Ich wusste es wohl, der junge Herr ist einverstanden. Geht nur voraus, wir wollen dann die Braut Euch bringen."
Siä sagte ja und eilte, es seinem Vater anzusagen. Sein Vater war ratlos in seiner Aufregung. Er gab ihm einen Vorwand und wollte ihn zurückschicken, um dankend abzulehnen. Aber Siä war nicht gewillt zu gehen. Während der Hin- und Widerreden war der Wagen mit der Braut schon vor der Tür. Eine Schar von Grünröcken umgab ihn, und das Fräulein trat herein und machte vor den Schwiegereltern eine höfliche Verbeugung. Als die sie sahen, waren sie beide froh, und auf den Abend ward die Hochzeitsfeier angesetzt.
Das neue Paar lebte in Frieden und Eintracht. Und seit der Heirat nahten sich die göttlichen Schwiegereltern häufig ihrem Hause. Waren dann die Kleider, die sie trugen, rot, so stand ein Glück, waren sie weiß, so stand ein Gewinn in sicherer Aussicht. Und so wurde die Familie mit der Zeit begütert.
Seit der Verbindung mit den Göttern aber wimmelte es in Zimmern, Höfen und an allen Orten von Fröschen. Und niemand wagte, ihnen etwas zu tun. Nur Siä Kung-Schong war jung und rücksichtslos. War er in guter Laune, so kümmerte er sich nicht um sie; war er aber schlecht aufgelegt, dann kannte er keine Schonung und trat sie gar absichtlich zu Tode.
Die junge Frau war zwar im allgemeinen bescheiden und gehorsam, doch wurde sie leicht heftig. Sie war mit ihres Mannes Tun nicht einverstanden. Aber Siä tat ihr den Gefallen nicht, von seiner groben Art zu lassen. So tadelte sie ihn denn darob. Er aber wurde böse.
"Denkst du", sprach er, "weil deine Eltern Unglück über Menschen bringen können, werde sich ein rechter Mann vor einem Frosch fürchten?"
Die Frau vermied es ängstlich, den Namen "Frosch" zu nennen; so ward sie denn ob seiner Rede zornig und sagte: "Seit ich in eurem Hause bin, haben eure Felder mehr Ertrag gegeben, und beim Verkauf habt ihr höheren Preis erhalten. Das ist doch nicht wenig. Nun aber bei euch alt und jung in der Wolle sitzt und sich herausgefüttert hat, machst du es wie die junge Eule, die ihrer Mutter die Augen aushackt, wenn sie flügge geworden."
Siä wurde noch heftiger und fuhr los: "Schon lange sind mir diese Gaben als unrein zuwider. Solchen Besitz auf Söhne und Enkel zu vererben, bringe ich nicht über mich. Besser wäre es, wir trennen uns gleich."
So verstieß er denn seine Frau, und ehe noch seine Eltern davon erfuhren, war sie schon fort. Die Eltern schalten und hießen ihn schleunigst zu gehen, um sie zurückzuholen. Er aber, noch in vollem Zorn, wollte nicht nachgeben.
In derselben Nacht wurden Mutter und Sohn krank. Sie waren matt und aßen nichts. Der Vater, voll Besorgnis, ging in den Tempel, um Verzeihung zu erflehen. Er betete so ernstlich, dass nach drei Tagen die Kranken wieder gesund waren. Und auch die Froschprinzessin stellte sich wieder ein, und beide lebten glücklich und vergnügt zusammen wie zuvor.
Die junge Frau aber saß den ganzen Tag da, nur beschäftigt mit Putz und Schminke, und kümmerte sich nicht um weibliche Handarbeit. So musste denn für die Kleider des Siä Kung-Schong immer noch seine Mutter sorgen.
Eines Tages war die Mutter ärgerlich und sprach: "Mein Sohn hat eine Frau, und doch hängt die ganze Arbeit noch an mir. Anderswo dient die Schwiegertochter der Schwiegermuter. Bei uns muss die Schwiegermutter ihre Schwiegertochter bedienen."
Die Prinzessin hörte das zufällig. Aufgeregt kam sie herein und fing an: "Hab ich es etwa daran fehlen lassen, wie es sich gehört, des Morgens und des Abends nach Euch zu sehen? Was mir abgeht, ist nur, dass ich nichts aus Liebe zum schnöden Geld mir selbst alle Mühsal aufladen mag." Die Mutter antwortete kein Wort. Sie weinte nur still vor sich hin ob der erlittenen Beschämung.
Ihr Sohn kam dazu und bemerkte die Tränenspuren seiner Mutter. Er drang in sie nach dem Grund und erfuhr, was sich begeben. Er machte zornig seiner Frau Vorwürfe. Die machte Einwände und wollte ihr Unrecht nicht zugeben. Schließlich sprach Siä: "Besser keine Frau haben als eine, die ihrer Schwiegermutter keine Freude macht! Was kann mir der alte Frosch schließlich tun, wenn ich ihn böse mache, als dass er Unglück schickt und mir das Leben nimmt?" So verstieß er abermals seine Frau.
Die Prinzessin verließ das Haus und ging weg. Am anderen Tag brach im Wohnhaus Feuer aus, das auf mehrere Gebäude übersprang; Tische, Betten, alles war verbrannt.
Siä ergrimmte darob, ging in den Tempel um sich zu beklagen. "Eine Tochter aufziehen, die ihren Schwiegereltern nicht zu Gefallen ist, zeigt, dass man keine Zucht im Hause hat. Und nun bestärkt Ihr sie sogar in ihren Fehlern. Man sagt, die Götter seien höchst gerecht. Gibt es auch Götter, die die Menschen lehren, ihre Frau zu fürchten? Außerdem, die ganze Streiterei ging nur von mir allein aus. Meine Eltern hatten nichts damit zu tun. Gebührte Beil und Säge mir, gut, Ihr konntet es mir selbst zufügen. Aber Ihr habt es nicht so gemacht. So will ich denn auch Euer Haus verbrennen, um mir die Befriedigung der Rache zu verschaffen."
Nach diesen Worten häufte er Brennholz vor dem Tempel zusammen, schlug Feuer und wollte es anstecken. Die Nachbarn strömten herzu und machten ihm Vorstellungen. Da fraß er seinen Zorn in sich hinein und ging nach Hause.
Als seine Eltern davon hörten, entfärbten sie sich vor großer Furcht. Zur Nachtzeit aber erschien der Gott den Leuten in dem Nachbardorf und befahl ihnen, das Haus seines Eidams wieder aufzubauen. Als es Tag ward, schleppten sie Bauholz an, und es drängten sich die Arbeiter. Und alle fingen an, für Siä zu bauen. Was er auch sagte, sie ließen sich nicht abhalten. Den ganzen Tag waren fortwährend Hunderte von Arbeitern unterwegs. Und nach ein paar Tagen waren alle Räume wieder neu gebaut, alle Geräte, Vorhänge und Möbel standen vollzählig da. Und als die Arbeit fertig war, da war auch die Prinzessin wiedergekommen. Sie stieg zum Saal empor und bekannte ihre Schuld mit vielen zärtlichen und liebreichen Worten. Dann wandte sie sich zu Siä Kung-Schong und lächelte ihm seitwärts zu. Im ganzen Haus war statt des Grolls die Freude eingekehrt. Und seitdem war die Prinzessin besonders friedfertig. Zwei Jahre vergingen, ohne dass ein böses Wort gefallen wäre.
Die Prinzessin verabscheute aber gar sehr die Schlangen. Einst tat zum Scherze der junge Siä
ein kleines Schlänglein in ein Päckchen. Das gab er ihr und hieß sie es zu öffnen. Sie wurde blas und machte ihm Vorwürfe. Da wurde auch bei ihm aus dem Scherze Ernst, und es gab böse Worte.
Endlich sprach die Prinzessin: "Diesmal will ich nicht warten, bis ich verstoßen werde. Nun ist’s entgültig aus." Damit ging sie zur Tür hinaus.
Der Vater Siä geriet in große Angst und züchtigte den Sohn selbst mit dem Stabe und bat den Gott um gütiges Verzeihen. Zum Glück folgte nichts Böses. Alles blieb still und ohne Laut.
So verging über ein Jahr. Siä Kung-Schong sehnte sich nach der Prinzessin und ging ernstlich in sich. Im geheimen schlich er sich in den Tempel des Gottes und klagte um die Prinzessin. Aber da war keine Stimme noch Antwort. Bald darauf hörte er auch noch, dass der Gott seine Tochter einem anderen Manne verlobt habe. Da verlor er im Herzen die Hoffnung und suchte auch eine neue Verbindung einzugehen.. Doch fand er trotz allen Suchens keine, die der Prinzessin gleichgekommen wäre. So mehrte sich denn seine Sehnsucht nach ihr. Er ging in das Haus Yüan, wohin sie, wie es hieß, versprochen worden. Da hatten sie schon die Wände gestrichen und den Hof gekehrt, und alles war zum Empfang des Brautwagens vorbereitet. Reue und Unwille übermannten ihn. Er aß nicht mehr und wurde krank. Seine Eltern waren ganz betäubt von Sorge um ihn, unfähig, einen Rat zu ersinnen.
Plötzlich fühlte er mitten in seinem Hindämmern, wie jemand ihn streichelte und sprach: "Wie steht’s mit unserm rechten Mann, der durchaus seine Frau verstoßen wollte?"
Er tat die Augen auf, da war es die Prinzessin. Voll Freude sprang er empor und sprach: "Wie kamst du nur wieder?" Die Prinzessin antwortete: "Eigentlich hätte ich nach deiner Art, die Leute schlecht zu behandeln, meines Vaters Befehl gehorchen und einen andern nehmen sollen. Tatsächlich lagen auch schon die Brautgeschenke der Familie Yüan bei uns im Haus. Aber ich sann und sann und konnte es nicht über mich bringen. Für heute Abend war die Hochzeit festgesetzt, und mein Vater hielt es für eine Schmach, das Brautgeschenk zurückzubringen. Ich nahm die Sachen selbst und stellte es ihnen vor die Tür. Als ich herauskam, lief mein Vater neben mir her. "Verrückte Dirne", sagte er, "dass du nicht auf meine Worte hörst! Wenn dir bei den Siäs es künftig wieder schlecht ergeht, so frag ich nichts danach. Mögen sie dich totmachen, heim kommst du mir nicht mehr."
Gerührt von ihrer Treue fielen dem Siä die Tränen nieder. Die Diener eilten voller Freude zu den Eltern, ihnen die frohe Nachricht zu bringen. Als die es hörten, warteten sie nicht ab, bis die jungen Leute zu ihnen kamen, sondern liefen selber in das Haus des Sohnes, fassten sie beide bei der Hand und weinten. Der junge Siä war nun allmählich auch gesetzt geworden und ließ seinen Mutwillen. So ward die Liebe zwischen ihm und seiner Frau von Tag zu Tag aufrichtiger.
Einst sprach die Prinzessin zu ihm: "Früher, als du mich immer so schlecht behandeltest, da fürchtete ich, wir würden nie zusammenbleiben bis ins Alter. Darum wagte ich es nicht, einem unglücklichen Kinde das Leben zu geben. Nun ist das alles anders, und ich will dir einen Sohn gebären."
Und richtig, nicht lange danach erschienen die göttlichen Schwiegereltern in roten Gewändern wieder im Haus, und tags darauf kam die Prinzessin nieder. Und zwei Söhne auf einmal konnte der glückliche Vater herzen.
Von da ab hörte der Verkehr mit Froschkönigs nicht mehr auf. Wenn jemand aus dem Volk den Gott zum Zorn gereizt, so suchte er erst bei dem jungen Siä Fürbitte zu erlangen und schickte Frau und Tochter in vollem Staat zu der Froschprinzessin, um sie anzuflehen. Lachte die Prinzessin, so war alles gut.
Die Familie Siä hat eine große Nachkommenschaft. Die Leute nennen sie Froschmännchen.
Nahestehende wagen nicht den Namen zu brauchen, aber Fernstehende rufen ihnen nach.
(Richard Wilhelm, Chinesische Märchen, Köln 1958 )
Wer das Märchen so verfasst,
dass es in unser Schema passt
ist bis heute unbekannt.
Drum wird der Autor nicht genannt.
Ich hab's in China aufgetrieben
und oben für euch aufgeschrieben.
Ich hoff’, dass ihr den Hintersinn
erkannt habt, der im Märchen drin'.
Aus des Frosches Märchenspur
lässt folgern sich das eine nur:
"Donnerwetter, sapperlot,
in China war der Frosch ein Gott".
Den Chines', seit alten Zeiten,
Frösche durch die Zeit begleiten.
Manches Künstlers Geistesblitz
zeugt davon heut' als Indiz
dafür, dass einst im Reich der Mitte,
der Frosch, nach guter, alter Sitte,
von den Chinesen wurd' verehrt.
Es scheint mir äußerst wissenswert,
dass auch in Peking kannt' die Schose
jeder von Meta Morphose.
Wie die damals zu Werke ging,
72. zeigt uns ein Bild von Futschi Sing.
Aus der Kröte, nach dem Tode
wurd' ein Mensch, so war es Mode.
Kein Wunder, dass der China-Teich
heute ist so menschenreich.
Man sagt, dass dort im Reich der Mitte,
ein Frosch beinahe jeder dritte
war im ersten Leben schon,
vor der Reinkarnation.
Ob wahr sind alle die Geschichten,
von denen Künstler uns berichten,
ob richtig ist, was man annimmt,
weiß ich auch nicht ganz bestimmt.
Sicher ist, was wir längst wissen.
Die Chinesen sind gerissen!
Manch Sinnspruch wurde dort erdacht,
der nachdenklich uns heut' noch macht.
Ein paar hab' ich hier aufgeschrieben
weil im Gedächtnis sie mir blieben.
Sie passen gut in dieses Buch.
Hier ist der erste weise Spruch:
"Zwei Frösch' mit einer Hand zu fangen
ist noch niemals gut gegangen".
Der zweite Sinnspruch folgt sogleich,
importiert aus Mao's Reich.
"Der Frosch im Brunnen, so sagt man,
vom Himmel nichts erzählen kann".
Aphorismus drei und vier
folgen direkt, jetzt und hier.
"Der Brunnenfrosch im Brunnenschacht
lebt im Brunnen wohlbedacht".
"Die Kröte, sie sinnt schon darauf,
die Wildgans einst zu fressen auf".
73. Den letzten Sinnspruch, weil sich’s trifft,
nun in China-Zeichen-Schrift.
Und was sagen uns die Zeichen?
Sie machen deutlich, unterstreichen,
dass auch im Chinesen-Reich
"Der Brunnenfrosch kennt nicht den Teich".
Noch eines, weil es von Belang
ist im Frosch-Zusammenhang,
sei erwähnt an dieser Stelle.
In einer China-Frosch-Novelle
tut uns "Guohua" kund:
"Das Wort "Wajiu" steht für "Froschmund“
und außerdem für "Vulva" auch".
Chinesisch für den Hausgebrauch
lernten wir, hochinteressant
mit was das Froschmaul da verwandt.
Damit sind wir in Sachen Lurch
im Land der Mitte auch schon durch.
Zum Abschluss fassen wir zusammen:
Sicher ist, Chinesen stammen
ab von der Kröten/Frosch-Kultur.
Dies beweist die Lurchen-Spur
die sich , wie man in Bälde sieht,
von China aus nach Japan zieht.
Wie der Frosch dort hingekommen?
Von Shanghai aus abgeschwommen
im Changjiang, dann kreuz und quer
durch das Ost-Chinesen-Meer.
Halb tot ist er nach sieben Wochen
in Tokyo an Land gekrochen.
Müde sank im Sand er nieder.
Der Ozean war ihm zuwider.
Vom Salz zerlaugt, die Haut zerschunden,
so hat man ihn am Strand gefunden.
Dort wurde Hilfe ihm zuteil.
Der Retter ohne Vorurteil
war ein heil'ger alter Mann
dem man dort begegnen kann
Gama Sennin, ein Heiliger
Gama Sennin, Ko-Sensei,
Koshin- Sennin, einerlei,
wie ihr immer wollt ihn nennen.
Wichtig nur, ihr müsst ihn kennen,
denn für Sammler von Passion
ist er schlicht die Hauptperson.
Wie Liu Hai in China auch,
tritt er auf mit nacktem Bauch
und mit dem gleichen Attribut.
Die Dreibeinkröte steht ihm gut.
Scheinbar ist hier nur kopiert,
was in China ausprobiert.
Den Geschichten, die sich ranken
ist es sicher zu verdanken,
dass man dem laubbedeckten Mann
als Nets'ke oft begegnen kann.
Was die Legenden so berichten,
möcht' ich hier etwas verdichten.
Ich fass' mich kurz, so gut es geht.
Unsterblich war er, ein Asket,
der durch die Lande ist gezogen
und gehandelt hat mit Drogen.
Eines Tags am Wegesrand,
der Sennin eine Kröte fand,
die dort lag in großer Pein,
schwer verletzt am Hinterbein.
Der Koshin pflegte sie gesund.
Darauf die Kröt', aus gutem Grund
dem braven Manne brachte bei,
okkulte Kunst und Zauberei.
74. Gemeinsam zieh'n seit jener Zeit
durch Japan sie in Zweisamkeit.
Wir mögen beide und sind stolz
wenn uns gehört das Wurzelholz,
auf dem die beiden weiterleben.
Ich möcht’ per Bild sie weitergeben,
zeigen den Sennin, jenen Frommen
wie er auf den Frosch gekommen.
Die nächste Zeichnung zeigt es schon:
75. Wie ein König auf dem Thron
sitzt er stolz und obenauf.
Spricht zur Kröte: "Mach' schon, lauf'".
Als nächstes hab' ich ausgewählt
was mir in Japan wurd' erzählt.
In Lyrik eine alte Fabel,
treffend und recht amüsabel.
Gaga-naku, Quak-quak
"In alter Zeit ein Kaeru
rief "Gaga-naku" immerzu.
Da kam Frau Gama an den Teich
und lud ihn ein zu einer Laich'.
Nach einer kurzen Weil' der Ruh'
rief er erneut "Gaka-naku".
Frau Unke hat das gern gehört.
Er schwieg als sie ihn hat betört.
Doch bald darauf, nach kurzer Ruh'
quakte erneut der Kaeru.
Die Kröte hat den Ruf vernommen
und ist zu ihm sofort gekommen.
Was sie mit ihm im Teich gemacht
hat ihn zum Schweigen schnell gebracht.
Als Frau Hikigaeru ging
erneut zu quaken er anfing.
Das drang der alten Hepp ins Ohr.
Sie nahm den Sänger sich drauf vor.
Sie balgte sich mit ihm im Gras,
dass er zu quaken ganz vergaß.
Vom Balgen müde der Filou
gönnte sich 'ne kurze Ruh'.
Die währte freilich nicht sehr lang.
Erneut erschallte sein Gesang.
Das hat der Adebar gehört.
Den hat das "Ga-naku" gestört.
Er schlich sich an und schnappte zu.
Da war am Teiche endlich Ruh'."
Frosch oder Kröte? Geschmacksache.
Schwer fiel es mir, mich zu entscheiden,
welchen besser ich mocht' leiden,
denn von den Lurchen, das ist wahr,
ich hin- und hergerissen war.
An den Frosch, den schlanken schönen,
konnt' ich mich recht schnell gewöhnen,
wenn er mutig sich im Grün
eines Lotos zeigte kühn,
aufrecht sitzend, voller Stolz,
geschnitzt als ein Netsuke- Holz.
Doch von dem dicken, feisten Kröter,
der wie der Frosch, als Schwerenöter
zeigte sich oft gern mit Braut,
war ich nicht so sehr erbaut.
Gar gruslig wirkt beim Rendezvous
das Liebespaar Hikigaeru.
Es ist nicht jedermanns Geschmack,
dieses glitschig feuchte Pack.
Doch lasst, bevor ich euch berichte,
erst erzählen die Geschichte,
die ich in einem Buche fand,
worin sie aufgeschrieben stand.
Märchenhaft
Ein Frosch, vom Fernweh sehr geplagt,
hat sich einst hoch hinausgewagt,
an einem Tage, klar und schön,
um sich Kyoto anzuseh'n.
Als er schließlich aufgebrochen,
zur Reise, die geplant seit Wochen,
hoch oben auf dem Berge stand,
er einen Artgenossen fand.
Der, so steht es aufgeschrieben,
von dem Gedanken wurd' getrieben,
einmal auf dem Berg wollt' steh'n
um sich Osaka anzuseh'n.
Was den beiden zugestoßen
auf den Berg, dem hohen, großen,
wisst ihr alle sicher doch
bestimmt aus eurer Kindheit noch.
Doch was soll ich mich hier quälen,
euch in Reimen zu erzählen,
wenn viel besser, was gewesen
Ist in Prosa heut' zu lesen.
Die beiden Frösche
"Die Frösche auf der Wanderschaft"
erzählt uns nun ganz meisterhaft
D. Braun, der tot und dennoch heut'
mit seiner Fabel uns erfreut.
Die beiden Frösche auf Wanderschaft
"Es waren einmal zwei Frösche, von denen der eine ganz nahe bei der Küstenstadt Osaka in einem Graben, der andere dicht bei der schönen Hauptstadt Kioto in einem klaren Bach wohnte. Beide kamen auf den Gedanken, eine Reise zu machen, und zwar wollte der Frosch, der in Kioto wohnte, sich einmal Osaka ansehen, und der andere, der in Osaka wohnte, hatte Sehnsucht, die Kaiserstadt Kioto, wo der Mikado residierte, zu besuchen. Ohne dass sie sich kannten oder auch nur voneinander gehört hatten, machten sich daher beide zu derselben Stunde auf den Weg und begannen ihre mühsame Wanderung. Die Reise ging nur langsam vonstatten, denn ein Berg, dessen Höhe die Hälfte des Weges war, musste überschritten wird, und diesen Berg zu erklimmen, war für die Frösche ein mühsames Stück Arbeit. Doch endlich war die Spitze erreicht, und siehe da, beide trafen sich, glotzten sich im ersten Augenblick einander an und fingen dann an, sich zu unterhalten. Als nun einer dem anderen den Beweggrund seiner Reise mitteilte, da lachten sie beide vor Vergnügen, setzten sich zusammen in das hohe Gras und beschlossen, erst ein wenig auszuruhen, ehe sie sich trennten. "Wenn wir nur größere Tiere wären", sprach der eine,"dann könnten wir von hier aus beide Städte sehen und könnten schon jetzt beurteilen, ob es sich der Mühe verlohnt, noch weiter zu wandern." "O, dem ist abzuhelfen", entgegnete der zweite, "wenn wir das Ziel unserer Reise von hier aus sehen wollen, so können wir uns aneinander aufrichten, und jeder blickt nach der Stadt hin, die er noch nicht kennt." Dieser Vorschlag leuchtete dem anderen gewaltig ein, und gesagt, getan, die beiden kleinen Kerlchen stellten sich auf ihre langen Hinterfüße und hielten sich mit den Armen umschlungen, damit sie nicht umfielen. Der Frosch, welcher aus Kioto kam, richtete seine Nase nach Osaka zu, und der, welcher aus Osaka kam, wandte die seine nach Kioto. Und so standen sie da, ganz steif, still und versunken in ihre Betrachtungen. Nun hatten die dummen Frösche aber gar nicht bedacht, dass ihre großen Augen, wenn sie den Kopf so hoch in die Luft reckten, wie sie es taten, auf dem Rücken lagen und nach rückwärts blickten, und dass sie daher beide ihre eigene Heimat und die Stadt, von wo sie ausgegangen waren, zu Gesicht bekamen. "Ach, was sehe ich?" rief der Frosch aus Osaka; "ich kann mir den Weg ersparen!" Und ganz dasselbe sagte der Frosch aus Kioto, und wie beide zu dieser Erkenntnis gekommen waren, da ließen sie einander los, und plumps! fielen sie in das Gras. Dann machten die beiden Frösche eine Verbeugung, sagten einander Lebewohl und wanderten heim. Bis an ihr Lebensende haben sie geglaubt, dass die Städte Kioto und Osaka, die doch so grundverschieden sind, einander so ähnlich wären, wie ein Ei dem anderen, und nie haben sie ihren Irrtum, der aus ihrer Dummheit entsprang eingesehen."
1 Kommentar:
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